Was bedeutet es Top zu sein, Meister, Herrin oder wie auch immer
Mann/Frau sich bezeichnet?
Nun, es hat herzlich wenig mit den Romanfiguren wie Meister Gor oder Sir Stephen zu tun
und auch sicher nichts mit den Leder- und Latex-Dominas der meist einhändig
gelesenen Hochglanzmagazine. Das sind Fiktionen die keine Kinder großziehen
müssen, Rechnungen bezahlen müssen, einen Job zu erledigen haben und ihren
sonstigen vielfältigen Hobbys und gesellschaftlichen Verpflichtungen nachgehen.
Ein sexuell dominanter Mensch ist auch kein Überwesen, das
alles weiß, alles kann und alles versteht. Die eierlegende
Wollmilchsau gibt es auch unter den SMlern nicht!
Es macht auch nicht einen Top aus, sich in teure Klamotten zu werfen, einen
Werkzeuggurt mit verschiedenen Peitschen umzuhängen, mit diesen dann mehr oder
weniger gekonnt in der Gegend herum zu fuchteln und zu allen anderen arrogant und
herablassend zu sein.
Ein wesentlicher Punkt ist Selbst-Kontrolle, Selbst-Disziplin
Es ist ganz einfach: wer sich selbst nicht unter Kontrolle hat kann auch niemand anders
unter Kontrolle halten.
Der Top ist in der SM-Beziehung oder im Spiel der, der den Ton angibt, physisch,
psychisch, sexuell, moralisch, manchmal auch spirituell. Die Gouvernante gibt die
Anordnungen an den Zögling die zu befolgen sind oder es setzt Strafe. Der Meister
setzt seine Sklavin über seine sexuellen Wünsche ins Bild, sorgt für
ihre Erziehung. Der Pirat sperrt die erbeuteten Jungfrauen ein und
führt die Damen in ihre Aufgaben als Dienerinnen ein ... die Varianten sind so
zahlreich wie die Spieler. Und dann gibt es so dekadente SM'ler, die benötigen
kein Rollenspiel, da wird der Partner ganz einfach so übers Knie gelegt,
sorgfältig in Seile gepackt und lustvoll gequält oder was auch immer ;-)
Das erfordert eine Persönlichkeit, die seine schlechten Gewohnheiten unter
Kontrolle hat. Ein Bottom wird einen Partner kaum respektieren können, der schwach,
labil, bösartig ist, lügt oder zwanghaft reagiert. Deshalb werden Alkohol-
oder Drogenabhängige, notorische Spieler und Menschen mit schweren Ego-Problemen
eher Horror-Tops abgeben.
Und, die launische, kapriziöse Diva die ihre Sklaven auf der Party schikaniert und
sich über sein schlechtes Benehmen beklagt ist nicht dominant sondern peinlich.
Selbst-Bewusst-Sein
Wen jemand den Weg einschlägt als Top seinen Partner zu erforschen, seine
Höhen und Tiefen kennen zu lernen muss sich erst einmal über sich selbst, sein Ego,
seine Beweggründe, seine Sexualität, seine Lust und Unlust im Klaren sein.
Damit ist er sich auch im Klaren, dass dieser Selbst-Bewusst-Seins-Prozess ein
lebenslanger ist und dass dieser Weg nicht mit halbherziger Anständigkeit,
Offenheit und Courage möglich ist. Es bedeutet klar Verantwortung für seine
Taten und Worte zu übernehmen.
Das bedeutet aber auch, dass ein bewusst lebender Mensch erkennt, dass er auch Fehler
macht, dazu steht und sie nicht dem Partner in die Schuhe schiebt! Und,
Wutausbrüche und Prügelszenen haben nichts mit Sadomasochismus zu tun und
gehören auch nicht in so eine Beziehung.
Sinnlichkeit
Die beste Technik hilft nichts, wenn es nicht zu ziehen beginnt, dieser Zug,
der in dem Band zwischen Top und Bottom entsteht, der einmal intensiver wird, sich etwas
entspannt, wieder stärker wird um endlich orgastisch zu explodieren.
Freilich, ohne den richtigen Partner funktioniert das sowieso nicht, wenn der Funke
nicht überspringt, dann ist alle Mühe vergeblich. Aber geknüpft wird
dieses Band es erst mal vom Top und es ist seine Aufgabe, den richtig Zug
aufrechtzuerhalten. Das wird aber nie funktionieren, wenn der Top nicht mit allen
seinen Sinnen, seiner gesamten Lust bei der Sache ist. Es ist die Lust am Beherrschen,
den Partner berühren - Berührung des Körpers und des Geistes, den Partner
in Besitz nehmen, beschützen, quälen, lieben ...
Und, es ist die Lust, den Partner nach getaner Arbeit gnadenlos nieder zu
kuscheln und zu schmusen ;-)
Kompetenz
Ein Top, der sein Werkzeug nicht beherrscht, sich um die physische und emotionale
Sicherheit seines Partners keine Gedanken macht und glaubt es reicht, seinen
Sklaven wie den letzten Dreck zu behandeln ist das Pulver nicht, mit dem
man ihn erschießen sollte.
Sensibilität, Einfühlsamkeit
Es ist sicher nicht erforderlich, wie von einigen propagiert, dass jeder Top auch einmal
Bottom spielen muss um wirklich einfühlsam zu sein. Es gibt sehr viele Tops, die
nie geswitcht haben aber dennoch ganz ausgezeichnete, einfühlsame und sensible Tops
sind. Der ganz normale Hausverstand und die Kenntnis um die Fähigkeiten des Partners
sollte es relativ leicht machen, den Partner nicht zu überfordern, Bestrafungen im
vernünftigen und gesunden Rahmen ausfallen zu lassen, in der Vergebung
großzügig zu sein, den Partner nicht für den eigenen Alltagsfrust
büßen zu lassen, Respekt vor dem Partner zu haben.
Das Bedürfnis, den Partner sexuell genau so glücklich zu machen, wie er sich
auch bemüht, sollte dann eigentlich schon die meisten Hürden einer
SM-Partnerschaft umschiffen helfen.