Im Wald der Schlangen

Mit Herzklopfen, trotz der Kenntnis seines Gestrüppes nähere ich mich immer wieder diesen Ort. Die Magie, die er in sich birgt, zieht mich an, trotz der vielen Schrammen die man davonträgt, sollte man sich in allzu dichtes Unterholz vorwagen.

Angst ? - ja ein wenig, aber nicht vor dem unbelebten Inventar, vielmehr davor, dass ohne meinem wissen ein wildes Tier in mein Revier eingedrungen ist.

Wie immer bin ich gut gerüstet, Stiefel, Lederhose, alles so eine Art Panzer, wohlig warm hüllt er meine Seele ein, ergreift Besitz von meinem Geist. Es wird abend, der blutroter Schein der untergehenden Sonne leuchtet vom fernen Wald, gleich dem Schein vieler Kerzen.

Ich bin auf dem Weg, fest entschlossen ihn heute mit Ihr zu gehen. Heute sind wir verabredet, ich will ihr meinen Wald zeigen. Sie will ihn mit ihren Gefilden vergleichen. Aus vielen Gesprächen, in denen jeder von seinem sprach wurden wir uns über die Unter- schiede klar, aber wir entdeckten auch viele Gemeinsamkeiten.

Ihrer ist heller, meiner ist insgesamt von düsterer Atmosphäre. Ihrer hatte mehr Gestrüpp und grobe Äste, meiner hat mehr Schling- pflanzen, und schwarze Schlangen durchstreifen das Unterholz, man erschrickt ein wenig, wenn man sie sieht, obwohl keine giftige darunter ist.

Lange hatte ich Scheu davor, eine zu berühren, bis mir mal eine Amphibienliebhaberin lehrte, sie anzugreifen und ihre seidig warme trockene Haut zu spüren.. Nur wenn man sie allzusehr reizt, beissen sie zu, aber bis auf einen kurzen Schmerz, gleich dem Stechen von Nadeln, verebbt er schnell. Lediglich kleine rote Stellen, zeugen davon, vergehen aber meist alsbald.

Heute ist etwas anderes, ich höre von weitem ungewöhnlich viele Geräusche aus meinem Wald. Ich frage mich, ob es nur meine geschärften Sinne sind, die dieses durcheinander an Stimmen lauter vernehmen als sonst, oder sind auch welche aus ihrem Wald in meinen gewechselt, und erwarten voll der Ungeduld unseren Spaziergang ?

Wir sind ihm ganz nah, die Nacht umfängt mich, verschlingt den rote Schein der untergehenden Sonne. Modriger Duft des Unterholz macht sich breit, umfängt mich, als sei mein Kopf im weichen Moos gefangen. Sie führt mich, ich kann mich ganz auf sie verlassen, oft genug habe ich ihr ja meinen Wald beschrieben. Die Tiere des Waldes verstummen je, nur mehr ab und zu ein Knacken zeugt davon, dass sie nicht vor uns geflüchtet sind.

Doch etwas unsicher geworden, versuche ich ihr Tempo etwas zu bremsen, aber ihre starke Hand zerrt mich immer tiefer entlang des Weges, wenig später abseits hinein ins Dickicht. Ich fühle wie Zweige nach mir schlagen. mit einer bewundernswerten Selbstsicherheit schiebt sie mich vor sich her. Schon verfängt sich mein Shirt an einen Ast. Immer tiefer geht es hinein, unsanft, immer mehr Zweige kratzen unbarmherzig an meiner Haut.

Tief im Gestrüpp verfange ich mich in Schlingpflanzen, meine Arme gespreizt, wie gefesselt bleibe ich hängen. Sie zieht meine Hose hinunter soweit es eben meine Stiefel erlauben, jetzt und hier will sie mich.

Alsbald kriechen Schlangen über meinen Rücken. Ein sehr schönes Gefühl, warm und geschmeidig. Ein jeher Schmerz durchzuckt mich, ein Biss - nein viele Bisse graben sich in meine Haut.

Ich denke die vielen, im Dämmerlicht glänzenden Nieten ihrer Kleidung haben die Schlangen gereizt.


© durch Siegfried