Psychohygiene,
oder: der Statecode.

Heute mutet sie uns schon etwas befremdlich an, die große Aufregung um die Frage: was ziehe ich an, was will ich, daß andere anziehen? Die Diskussion war ein interessantes psycho-sozialdynamisches Ereignis. Keine Fortsetzung.

Wenden wir uns vom Äußeren weg, dem Inneren zu, dem inneren Zustand des Fetischbesuchers: Statecode statt Dresscode ! Jetzt brauchen wir den Türsteher, der nicht auf blaue Jeans und Turnschuhe abgerichtet ist, sondern auf den seelischen Betriebszustand der Teilnehmer, den ich mal mit "state" bezeichnet habe, damit es etwas Englisches ist, und damit wir auf die abgebrannte Kerze "Dresscode" draufstecken können.

Es ist schon Freitagstradition: Mann oder Frau stehen im Arbeitsleben, kommen um 6 Uhr frueh aus den Federn, sind um 8 Uhr am Arbeitsplatz und werden am 16 Uhr freigelassen, und freuen sich auf das Jails. Vorbereitung, lange Anfahrt, endlich da, gut in der Zeit, noch Zeit fuer ein ordentliches Abendessen. Leberknödelsuppe und Kalbsrahmbraten, vorher ein Bier, während ein Bier, zum Abschluß ein Schnaps oder auch zwei. Das Leben ist schoen sagt der Bauch, ich will jetzt ins Bett. Halt, sagt die schwarze Seele, ich geh ins Jails.
Unglücklicherweise ist sie dominant und setzt sich durch. Wie Abendnebel breitet sich die Müdigkeit aus. Der Türsteher registriert den schwarzen Glanz und ist zufrieden. Zum Glück findet man zur Bar, da sitzen schon einige Schweinebraten und Kasseler und Wiener Schnitzel und werden gespült. Die Müdigkeit ist jetzt angenehm: "Ein Pils!" Mal schauen was sich da tut. Nichts los im Moß. "Noch ein Pils !"

Ich bin verdammt schlecht drauf. mir ist elend zu Mute, hundeelend. Mein Partner wird auch auf der Fete sein. Er ist gar nicht mein Partner. Er wird mit seiner neuen Beziehung da sein. Eigentlich möchte ich sterben - aber ich gehe hin. Welche Freude fuer uns alle !

Heute geht er auf ein SM-Fest. Seine Seele ist wie Edelgas: ne me touche pas. kein Sich-einlassen. Er ist SM-Denkmal, ein SM-Kunstwerk: schwarz gelänzendes Leder von Kopf bis Fuss, neuwertig, und viel, viel Metall. Equipment: zwei Paar Handschellen, zwei Reitgerten, eine Peitsche der zweieinhalb-Meter-Klasse, alles Ladenneu, garantiert ungebrauchte Dekorationsartikel. Auf harten Absätzen knallt er durch dir Gegend: Eine Fuehrerfigur. Nur: er hat gar keine Lust zu Fuehren, schon eher zu Geführt-werden. Aber das ist imagemaesig wieder schlecht. Also: SM-Kunstwerk, der Türsteher hatte seine Freude an ihm. Was soll er auf der Fete, dieser SM-trachtler ? Eine gute Frage !

Sie wollen einige 100 km weit auf ein privates SM-Fest. Eigentlich wollten sie ausgeruht ankommen und die Vorfreude bereits im ICE aufkommen lassen ( für empfindliche Hintern ist er ja bereits ein Vorspiel ). Es soll ein wunderbares Fest werden. Aber sie nehmen das Auto. Witterungsbedingt dauert es doppelt so lange. Die spirituelle Vorbereitung fällt aus. Statt dessen diskutiert man darüber, daß und worum ihr Lieblingskätzchen nicht dabei sein darf und in dem fahrenden Blechgefängnis diskutiert man sich auseinander. Diese Gemütsverfassung kann durch die schärfsten Stiefel nicht verbessert werden.

Eine SM-Gruppe irgendwo in Europa hat eingeladen. Die Gäste kommen zum Teil einige bis viele 100 km weit angereist. Man trifft sich in ausgesucht edlem Ambiente, beginnt mit dem Austausch von Höflichkeiten, vermeidet es peinlichst mit der Tür ins Haus zu fallen. Man kommt sich näher und öffnet die Herzen.
Dabei erfährt man von einer in der gastgebenden Person, daß sie heute viel lieber mit einem guten Bauch im Bett liegen würde als hier zu sitzen. Aber sie mußte leider kommen, weil dies Leute aus XYZ da sind. Und siehe da: einige gute Fetengeister verdrücken sich durch dir Fensterritzen und denken: waerst doch zu Hause geblieben ! Ich schätze es sehr, wenn auf einer SM-Fete Tränen fließen - die des Schmerzes und die des Glücks. Das ist selten genug. Was aber hat das ordinäre alkoholbedingte Flennen da verloren ? Es vertreibt die letzten guten Festgeister.
Besoffen ist es zu Haus doch auch ganz schön!

Wieder ein Fest. Der Gaffer kommt mit seinem Sarkasmus, das ist sein Partner. Eine großartige, tiefe Session ist zu Ende. Die zwei sind noch nicht auf der Erde, sie sind immer noch im Himmel. Heute kritisiert der Gaffer nicht, er lobt: "Mit der Nummer könnt Ihr im Zirkus auftreten und mit dem Hut rumgehen, dann rentiert sich's ". Die Luft ist raus, für längere Zeit.

Genug der Beispiele. Brauchen wir einen Statecode ?

Ja, aber der Türsteher muß in jedem einzelnen eingebaut sein. Das waere dann Intimschmuck. Man sieht ihn zwar nicht, aber unsere Feste ließe er erstrahlen. Statecode - ja !

Nicky aus XYZ


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Dieser Text enthält Beschreibungen von sexuellen Szenen und ist daher für Kinder und Jugendliche ungeeignet. Vor einem "Nachstellen" oder "Nachspielen" der hier beschriebenen Szenen wird ausdrücklich gewarnt. Denke immer daran: Sicherheit geht vor!