Ein Blick zurück, mittlerweile nahezu ohne Verbitterung
;-)
Nicht nur in den End-50ern, in denen ich aufgewachsen
bin, wurde von Mädchen ein anderes Verhalten erwartet als
von Jungs. Entsprachen sie nicht diesen Erwartungen, dann wurden
sie nach bestem Wissen und Gewissen darauf hin trainiert (sozialisiert),
um im Leben bestehen zu können, nach der Vorstellung
der damaligen Elterngeneration und so mancher heutiger.
Das heißt, Mädchen wurden und werden
auch heute teilweise noch, anders auf das Leben
vorbereitet als die Jungs. Dazu gehört, daß Jungs sehr
wohl zornig und wild sein dürfen, die Mädchen sanft
und lieb zu sein haben.
Mädchen dürfen weinen, es wird sie maximal eine Heulsuse
kosten. Bei Jungs ist das eher nicht angebracht.
Die Jungs meines Alters bekamen den Matador, ich die Puppen, von
denen bekannt war, daß ich sie sowieso nur ausziehen würde
und dann in ihre Bestandteile zerlege.
Es wird dem Mädchen klar gemacht, daß
es statthaft ist, sich sanftmütig, lieb und nett zu verhalten.
Auf der eigenen Meinung zu beharren ist störrisch und nicht
sittsam. Wenn die Omi sagt: "Das mußt du anziehen,
das ist so süß!" dann hat Enkelin in das rosa
Kleidchen mit den Schleifchen zu schlüpfen und dankbar zu
lächeln. Es wird erwartet, daß die Frage: "Willst
du ein Eis?" mit "Ich weiß nicht!" geantwortet
wird. Ein kleines Mädchen, das darauf genau sagt, daß
sie ein Eis haben will und noch dazu ganz klar sagt welches, gilt
als vorlaut.
Bei einem Jungen ist das absolut selbstverständlich und es
wird erwartet, daß er klar und deutlich sagt, was er will
und was nicht.
Ein Mädchen hat alle Möglichkeiten
sich Rechte zu erschmeicheln, die ihr gar nicht zustehen, beharrt
sie hingegen auf einem Recht, daß ihr tatsächlich zusteht,
gilt sie als vorlaut.
Macht das gleiche ein Junge, heißt es: "Benimm dich
wie ein Mann!"
Als Frau wird sie als kapriziös und raffiniert bezeichnet
werden, der Mann: Tunte.
Das heißt, Mädchen haben unsicher
zu sein, sich jederzeit dem Willen und der Weisheit der Erwachsenen
zu beugen und begeistert zu strahlen, wenn sie eine Puppe in der
Hand haben. Tobt ein kleiner Junge wild herum, dann heißt
es: "Aus dem wird mal ein richtiger Mann! Da müssen
sich die Mädchen einmal rann halten, wenn der groß
wird!"
Nun, bei mir kommt beim Schreiben immer noch
die Erinnerung der Magenschmerzen der Vergangenheit hoch und viele
Frauen haben auf Grund so einer Erziehung, oder besser Dressur,
auch schon einiges an Magenschmerzen, anderen gesundheitlichen
Problemen und massiven Depressionen hinter sich.
Natürlich ist Frau bzw. Mädchen bemüht,
alles richtig zu machen, sich anzupassen. Erstens liebt sie ihre
Mutter/Eltern/Bezugsperson und zweitens ist es ihre einzige Chance
zu der Liebe, Anerkennung und Zuwendung zu kommen, die sie bitter
nötig hat, um überhaupt leben zu können.
Was bedeutet das nun für ein bereits emanzipiertes,
geradliniges, aufrechtes, intelligentes, dominantes, kleines,
weibliches Wesen, daß mit all den meisten weiblichen
Attributen absolut nichts am Hut hat?
- Es muß sich ununterbrochen gegen ihre Natur benehmen,
um, im wahrsten Sinne des Wortes, überleben zu können.
- Es lernt von Kindesbeinen an, sich selbst und andere zu täuschen
und zu betrügen, damit ihre kleine Seele nicht weiter vergewaltigt
wird.
- Wenn sie es lernt.
- Lernt sie es nicht oder nur mangelhaft, wird sie sehr bald
krank und/oder leicht bis schwer depressiv werden, je nach Typ.
Physische Erkrankungen im Darmbereich, Verstopfung und Durchfall,
Magenschmerzen und Koliken werden bereits in frühen Jahren
zu vertrauten Begleitern.
- Einige Frauen neigen eher dazu, diese Situationen durch Krankheit
zu kompensieren, andere wieder stürzen in Depressionen,
die meist nur mit Medikamenten behandelt werden - Weibergeschichten
- und seltener an der Wurzel des übels gepackt werden.
Eine Mischung daraus ist eher die Regel.
Später im Berufsleben wird sie gegen Ungerechtigkeiten
revoltieren und damit zum Feindbild der Vorgesetzten, vieler Frauen
und Männer gleichermaßen werden. Sie wird mit Verleumdung,
permanenter Unter- und/oder Überforderung zu kämpfen
haben und ein beliebtes Ziel für Mobbing-Aktivitäten
sein. Sie wird sich einen Ruf als Männerhasserin erarbeiten
und wird aber auch gleichzeitig als Verleumderin der Sache der
Frauen von den Frauen ausgegrenzt werden.
Schafft sie es auf irgend eine Art, mit all dem
fertig zu werden, mühsam alleine, mit Freunden oder mit Hilfe
einer Psychotherapie, wird sie langsam körperlich gesund
werden. Sie kann eine gute Mittlerin zwischen den Fronten werden,
aber auch so manche Front klar und deutlich aufstellen und dazu
stehen lernen. In jedem Fall wird sie eine Frau sein, die nicht
sehr viele Freunde hat, aber die, die sie hat, zu schätzen
wissen.
Wenn dir jetzt, liebe Leserin, einige Dinge hier
vertraut sind, du aber die positive Lösung noch nicht sehen
kannst, das Ausleben der Dominanz in der Sexualität, wenn
das im Bereich des Möglichen ist, kann das ein guter Schritt
in diese Richtung sein.
Es wird wahrscheinlich eine zumindest kurzfristige Hilfe einer
Therapeutin nicht ersparen, aber, es wird ganz wesentlich dazu
beitragen, den alltäglichen Mißbrauch, dem Frauen ausgesetzt
sind, viel früher zu erkennen und bereits im Ansatz abzuwehren.
Das erspart einen Großteil der Schlachten und ist wesentlich
energiesparender. Es wird erst gar nicht mehr so sehr zu extremen
Situationen kommen. Wenn sie allerdings dann doch kommen, kann
es sein, daß diese dann als sehr viel schmerzhafter empfunden
werden. An der Lösung dieses Problems arbeite ich noch. Ich
werde berichten, wenn ich es geschafft habe ;-)